Viele Berufe, die vor 50 Jahren alltäglich waren, gelten mittlerweile als ausgestorben. Doch das traditionelle Handwerk lebt. Auch dank Johannes Köpfer. Der Bernauer ist Holzschnitzer. Kürschner, Schmiede, Bürstenmacher – viele Berufe, die vor 50 Jahren alltäglich waren, gelten mittlerweile als ausgestorben. Oft zu Unrecht, denn das traditionelle Handwerk lebt. Aber die Arbeit hat sich verändert, am Ende überleben nur Betriebe, die für sich eine Nische gefunden haben. In unserer Serie stellen wir verschiedene Handwerker in Südbaden vor, die das geschafft haben. Heute: Der Holzschnitzer Johannes Köpfer aus Bernau. Johannes Köpfer watet durch ein Meer aus Sägespänen, die Motorsäge im Anschlag. Auf Knopfdruck durchbricht das Dröhnen der Maschine die beschauliche Stille des Hochschwarzwalds. Holzspäne fliegen meterweit durch die Luft, als Köpfer seinen Holzblock bearbeitet. Schon bald wird aus einem Stück Pappelholz ein fertig geschnitzter Rabe werden. Köpfer ist Holzschnitzer aus Leidenschaft. Ein Kunsthandwerker, für den die Arbeit mehr ist als nur ein Mittel zum Broterwerb: persönlicher Ausdruck – und Fortführung einer jahrzehntelangen Familientradition. Köpfers Großvater Franz-Josef hat um 1900 begonnen, hier oben in Bernau, auf 1000 Metern Höhe, Figuren aus Holzstücken zu formen. Röhrende Hirsche, Madonnen, Kuckucksuhren – vieles, was noch vor Jahrzehnten die Wohnzimmer geschmückt hat, wirkt heute antiquiert und ist entsprechend schwer an den Mann zu bringen. Das verändert auch die Arbeit von Johannes Köpfer. "Ich kann mit meiner Arbeit nur noch dann Geld verdienen, wenn ich ständig neue Ideen habe", sagt Johannes Köpfer. Der Tourismus, der früher eine wichtige Einkommensquelle war, spielt heute nicht mehr die Rolle vergangener Tage. Auch Restaurierungen in Kirchen – Krippenfiguren, Kruzifixe – gibt es heute immer weniger. Zum einen, weil der Markt gesättigt ist, zum anderen, weil auch dort häufig auf Figuren vom Fließband zurückgegriffen werde, nicht selten produziert in Fernost. Bernau berühmt für seine Handwerkskunst Was bleibt, ist der künstlerische Bereich. Der Rabe, den Köpfer an diesem Tag aus dem Holzblock schnitzt, etwa. Keine naturalistische Darstellung, eher eine comichafte, verschmitzt dreinschauende Figur. So etwas werde immer noch gekauft, sagt Köpfer. Auch Kleinzeug wie Bürsten oder Kerzenständer. Insbesondere auf dem Bernauer und Hinterzartener Weihnachtsmarkt, wo Köpfer seit Jahren seine Waren anbietet. Holzschnitzerei hat eine lange Tradition im Hochschwarzwald. Insbesondere Bernau ist bis heute berühmt für seine Handwerkskunst. Die Holzschnefler etwa, die um die Jahrhundertwende noch Alltagsgegenstände wie Teller, Löffel, Blasebalge aus Holz gehauen haben, hatten in Bernau ein Zentrum. Rund 200 von ihnen arbeiteten damals in der Gemeinde. Ein Grund für das damals florierende Holzhandwerk waren die schwierigen geografischen Bedingungen des Hochschwarzwalds. Die Höhenlandwirtschaft konnte die Menschen kaum ernähren, Wald gab es hingegen mehr als genug und brachte vielen Menschen ein beachtliches Zusatzeinkommen ein. Doch mit dem Aufkommen der Kunststoffe begann der Niedergang des Holzhandwerks in Bernau. Holzschnefler gibt es heute nur noch im Heimatmuseum. Gehalten haben sich aber die Holzschnitzer, von denen es in Bernau aber nur noch zwei Betriebe gibt. Doch wie lange noch? Köpfers Kinder haben bis auf den Jüngsten alle studiert, für das Schnitzerhandwerk konnte sich aber keiner begeistern. Hammer, Meißel und Computer Doch noch ist Holzschnitzer ein Lehrberuf. "Das Interesse der jungen Leute ist da", sagt Helmut Kubitschek, Landesinnungsmeister der Holzbildhauer in Baden-Württemberg. Was fehle, seien aber die Ausbildungsbetriebe. In Baden-Württemberg gibt es derzeit keinen einzigen. Viele Betriebe seien zu klein, um nebenbei noch ausbilden zu können, sagt Kubitschek. Um das traditionsreiche Handwerk im Land dennoch am Leben zu halten, gibt es in Freiburg die Friedrich-Weinbrenner-Schule, ein dreijähriges Berufskolleg, das mit der Gesellenprüfung endet und auch die Fachhochschulreife beinhaltet. Wer das möchte, könnte da anschließend noch ein Studium wie etwa Produktdesign anschließen. Denn Holzbildhauer sind überall dort gefragt, wo vor der industriellen Produktion Modelle angefertigt werden müssen. Das sei, so Kubitschek, sowohl in der Medizintechnik als auch beispielsweise in der Automobilentwicklung der Fall. "Überall, wo dreidimensional gearbeitet wird, können Holzbildhauer eingesetzt werden." Wichtig sei aber, dass man realisiere, dass neben Hammer und Meißel der Computer eine immer wichtigere Rolle im Berufsalltag eines Holzschnitzers spiele. Modelle werden vorab am PC entworfen, der Umgang mit dem Grafikprogramm ist mittlerweile ebenso wichtig wie die sichere Handhabung der Werkzeuge. Mehr Informationen unter: https://www.badische-zeitung.de/bernauer-holzschnitzer-erhaelt-traditionelles-handwerk-am-leben--101420219.html #badischezeitung #Bernau #BZAltesHandwerk